Was ist beim Kündigungsschutz zu beachten? – Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Berlin
Wann gilt für wen welcher Kündigungsschutz? Eine viel diskutierte und wichtige Frage! Hier ein Überblick, der zeigt, daß Arbeitnehmer gut geschützt sind!
Ihr Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin zum Kündigungsschutz
Eine Kündigung kann aus vielen Gründen rechtswidrig und damit unwirksam sein. Es ist daher bei jeder Kündigung sorgfältig zu prüfen, ob die ausgesprochene Kündigung gegen den allgemeinen oder den besonderen Kündigungsschutz verstößt oder aus einem anderen Grunde unwirksam ist.
Wann besteht der allgemeiner Kündigungsschutz?
In der Praxis sehr bedeutsam ist der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Für die Anwendbarkeit des allgemeinen Kündigungsschutzes müssen zwei Voraussetzungen, nämliche die Wartezeit und der betriebliche Geltungsbereich, vorliegen. Sofern diese Voraussetzungen gegeben sind, greift der – äußerst wirksame – allgemeine Kündigungsschutz ein.
Wartezeit
Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers muss zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung gemäß § 1 Abs. 1 KschG in dem selben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden haben. Unter Arbeitnehmer werden auch leitende Angestellte, Geschäftsführer und Betriebsleiter verstanden. Sofern also das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, d.h. auch des Geschäftsführers, Betriebsleiters oder leitenden Angestellten ohne Unterbrechung in dem selben Betrieb oder Unternehmen länger als 6 Monate bestanden hat, liegt die erste Voraussetzung zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes vor.
Betrieblicher Geltungsbereich
Weitere Voraussetzung ist, dass im Betrieb mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer bzw. für Arbeitsverhältnisse, die bereits am 1. Januar 2004 bestanden haben, mehr als 5 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind. Die Unterscheidung zwischen Arbeitsverhältnissen, die bereits am 01. Januar 2004 bestanden haben und solchen, die seit diesem Zeitpunkt begründet wurden, ist erforderlich, da zum 01. Januar 2004 eine Gesetzesänderung in Kraft getreten ist, die den Schwellenwert zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes von 5 auf 10 Vollzeitarbeitnehmer angehoben hat.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass für den „alten“ Kündigungsschutz vor dem 01. Januar 2004, auf den man sich auch jetzt noch problemlos berufen kann, heute noch mehr als 5 Vollzeitarbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sein müssen, die bereits zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung am 1. Januar 2004 dort beschäftigt waren. Es müssen also noch mehr als 5 „alte“ Vollzeitarbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sein. Ansonsten kann sich der Arbeitnehmer auf den „alten“ Kündigungsschutz, also denjenigen vor der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004, nicht mehr berufen. Für Arbeitnehmer, in deren Betrieb damals wie heute mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt waren, ist dies letztlich uninteressant, da für diese Gruppe auch nach der Gesetzesänderung Kündigungsschutz besteht.
Bei der Berechnung des Schwellenwertes zählen zur Berufsausbildung Beschäftigte nicht mit. Teilzeitbeschäftigte werden gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG anteilig berechnet, d.h. Teilzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden werden mit 0,5 und Teilzeitbeschäftigte mit nicht mehr als 30 Stunden werden mit 0,75 in Ansatz gebracht. Alle anderen Arbeitnehmer werden mit 1,0 in Ansatz gebracht. Der Betrieb wird hierbei als organisatorische Einheit definiert, innerhalb derer der Arbeitgeber mit Hilfe seiner Arbeitnehmern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck verfolgt. Da es oftmals zweifelhaft ist, ob beispielsweise nicht mehrere Verkaufsstellen eines Unternehmens zusammen zu addieren sind, bedarf es insofern einer genauen Prüfung, ob der jeweilige Schwellenwert erreicht ist.
Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz
Sofern beide Voraussetzungen vorliegen, d.h. sowohl die sechsmonatige Wartefrist abgelaufen ist, als auch der Betrieb regelmäßig mehr als 5 bzw. 10 Arbeitnehmer beschäftigt, ist Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gegeben. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber dann die Kündigung vor Gericht rechtfertigen, d.h. begründen muss. Die Kündigung muss dann gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein. Dies ist sie nur, sofern der Arbeitgeber im Rahmen eines Prozesses darlegen kann, dass Gründe vorliegen, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Dies ist für den Arbeitgeber oftmals sehr schwer. Zu bedenken ist dabei, dass der Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG beweispflichtig ist, d.h. er muss die Tatsachen beweisen, die die Kündigung bedingen. Aufgrund dieser Sachlage sind Arbeitgeber oftmals bereit, eine Abfindung zu zahlen und somit dem Risiko des Annahmeverzugslohns zu entgehen.
Welche Fristen sind zu beachten?
Eine Klage gegen die Kündigung (Kündigungsschutzklage) muß gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Diese Frist ist sehr wichtig und unbedingt zu beachten. Nach § 5 KSchG können verspätete Klagen zwar nachträglich zugelassen werden. Erfahrungsgemäß sind die Arbeitsgerichte hierbei jedoch sehr restriktiv, so dass diese Vorschrift in der Praxis eine eher ungeordnete Rolle spielt.
Gelten für leitende Angestellte, Betriebsleiter und Geschäftsführer Besonderheiten?
Ja, für diese Personengruppe gelten Besonderheiten. Zwar unterfallen auch leitende Angestellte, mithin auch Betriebsleiter und unter Umständen sogar Geschäftsführer dem Kündigungsschutzgesetz, d.h. auch diese Personengruppe kann sich auf die Unwirksamkeit einer Kündigung berufen. Einziger Unterschied zu „normalen“ Arbeitnehmern ist aber, dass bei der vorgenannten Personengruppe der Arbeitgeber ohne Begründung gemäß § 14 Abs. 2 KSchG in Verbindung mit § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verlangen kann. Ob es sich bei dem leitenden Angestellten tatsächlich um eine leitenden Angestellten i.S.d. vorgenannten Vorschrift handelt, ist oftmals fraglich. Dies wird jedoch von der Rechtsprechung sehr genau geprüft, um zu verhindern, dass der allgemeine Kündigungsschutz zu Lasten des Arbeitnehmers ausgehöhlt wird.
Besonderer Kündigungsschutz
Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz sind Arbeitnehmer, die besonderen Personengruppe angehören, auch durch den besonderen Kündigungsschutz vor einer Kündigung geschützt.
Hierzu einige Beispiele:
- gemäß § 9 MuSchG können Frauen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung nicht gekündigt werden, sofern dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung vom Arbeitnehmer mitgeteilt wird,
- gemäß § 18 Abs. 1 BErzG kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an die Elternzeit verlangt wird, höchstens jedoch für einen Zeitraum von 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit und während der Elternzeit das Arbeitsverhältnis nicht kündigen,
- unter den Voraussetzungen der §§ 85, 90 Abs. 1, 91 SGB IX kann Schwerbehinderten und ihnen Gleichgestellten nicht gekündigt werden,
- gemäß § 15 Abs. 1, 3 KSchG ist die Kündigung von Betriebsratsmitgliedern, Jugend- und Auszubildendenvertretern, der Bordvertretung des Seebetriebsrates, des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern nicht möglich, d.h. unwirksam. Für die außerordentliche Kündigung der vorgenannten Personengruppe bedarf es der Zustimmung des Betriebsrates,
- gemäß § 102 Abs. 6 BetrVG können Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen. Sofern diese Zustimmung vom Betriebsrat nicht erteilt wird, ist die Kündigung unwirksam,
- nach § 22 BBiG ist die ordentliche Kündigung von Auszubildenden nach Ablauf der maximal viermonatigen Probezeit unwirksam. Nach Ablauf der Probezeit kann also nur noch außerordentlich, d.h. fristlos gekündigt werden.
Auch aus dieser Aufzählung ergibt sich, dass eine Kündigung gegen vielfältige gesetzliche Regelungen verstoßen kann. Eine genaue Prüfung der Kündigungsgründe ist daher unerlässlich.
Welche Fristen sind zu beachten?
Sofern sich der Arbeitnehmer auf den besonderen Kündigungsschutz berufen will, gilt für ihn ebenfalls die Frist des § 4 KSchG, d.h. die Klage gegen die Kündigung (Kündigungsschutzklage) muß gemäß § 4 KSchG innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein.
Allgemeine Unwirksamkeitsgründe
Neben dem allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz kann eine Kündigung auch wegen des Verstoßes gegen Grundrechte unwirksam sein. Die Unwirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung kommt insbesondere wegen folgender Grundrechtsverstöße in Betracht:
- Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit des Artikels 9 Abs. 3 GG
- Verstoß gegen den Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 GG
- Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 GG
- Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG
- Verstoß gegen die Glaubensfreiheit und ungestörte Religionsausübung gemäß Artikel 4 Abs. 1 und 2 GG.
Darüber hinaus kann eine Kündigung unter gewissen Umständen nichtig sein. Hierbei kommen folgende Fallgruppen in Betracht:
- gemäß § 138 BGB sind Kündigungen, die gegen die guten Sitten verstoßen, nichtig. Sofern beispielsweise der Arbeitgeber eine Krankheit des Arbeitnehmers herbeigeführt hatte und dann wegen der Krankheit die Kündigung erklärt, ist die dann ausgesprochene Kündigung nichtig.
- nach § 242 BGB kann eine Kündigung unwirksam sein, sofern sie gegen Treu und Glauben verstößt. Der Verstoß gegen Treu und Glauben kann hierbei sowohl aus der Erklärung selbst, also auch aus ihrer Begründung folgen.
- nach §§ 612 a, 134 BGB ist eine Kündigung nichtig, sofern der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hierbei – gewissermaßen als Antwort – die Kündigung ausspricht. Sofern beispielsweise ein Arbeitnehmer die tarifgerechte Bezahlung fordert und der Arbeitgeber daraufhin die Kündigung ausspricht, ist diese Kündigung wegen des Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot in § 612 a BGB nichtig.
- gemäß § 613 a Abs. 4 BGB ist eine Kündigung bei einem Betriebsübergang unwirksam, wenn die Kündigung wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen wird.
- gemäß §§ 7, 1 AGG i.V.m. § 134 BGB ist eine Kündigung unwirksam, sofern die Kündigung wegen einer Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgt.
Zusammenfassung
Die jeweiligen möglichen Unwirksamkeitsgründe bei einer Kündigung können umfassend sein, so dass beim Erhalt einer Kündigung sorgfältig zu prüfen ist, ob einer der genannten Gründe vorliegt, d.h. die Kündigung angegangen werden kann.
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