Voraussetzungen verhaltensbedingte Kündigung – Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Berlin
Die Voraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung ist das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, die Prognoseentscheidung und die Interessensabwägung.
Die verhaltensbedingte Kündigung
Ich werde oftmals von meinen Mandanten gefragt, wann eine verhaltensbedingte, also eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Grundsätzlich ist eine verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nur dann gerechtfertigt, sofern Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Um diese zugegebenermaßen recht abstrakte Beschreibung besseer erfassen zu können, wurde von der arbeitssgerichtlichen Rechtsprechnung folgendes vierstufiges Prüfungsschema entwickelt.
Objektiver Grund
Das Verhalten des Arbeitnehmers muß zunächst an sich geeignet sein, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dies ist bei rechtswidrigen und schuldhaften Verstößen gegen Haupt- und Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses der Fall. Vorsatz des Arbeitnehmers ist grundsätzlich nicht erforderlich, die Fahrlässigkeit reicht aus.
Prognoseentscheidung
Verhaltensbedingte Leistungsstörungen sind für eine Kündigung nur dann relevant, sofern aus dem bisherigen Verhalten auch zukünftige Verstöße zu erwarten sind. Die verhaltensbedingte Kündigung ist daher zukunftsbezogen, d.h. der Arbeitnehmer soll ausdrücklich nicht für bisheriges Verhalten „bestraft“ werden. Entscheidend ist daher allein, ob eine Wiederholungsgefahr besteht. Diese dürfte in aller Regel erst dann gegeben sein, sofern der Arbeitnehmer bereits wirksam abgemahnt wurde, wobei eine Abmahnung bei strafbaren Handlungen (Vertrauensbereich) bzw. dann entbehrlich ist, sofern der Arbeitnehmer davon ausgehen konnte, daß sein Verhalten den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährden werde.
Interessensabwägung
Unabhängig davon, wie schwerwiegend der Pflichtverstoß war, bleibt stets zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Hier sind grundsätzlich die Sozialdaten der Arbeitnehmer heranzuziehen (Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten). Ferner ist zu berücksichtigen, ob das Verhalten des Arbeitnehmers zu betrieblichen Auswirkungen geführt hat.
Ultima ratio
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommt eine Kündigung nur dann in Betracht, wenn sie nicht durch eine mildere Maßnahme vermeidbar ist (Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen). Erst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt.