Abwicklungsvertrag versus Aufhebungsvertrag – Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Berlin
Die Unterschiede und Besonderheiten des Aufhebungsvertrages und des Abwicklungsvertrages im Arbeitsrecht.
Wie unterscheidet sich der Abwicklungsvertrag vom Aufhebungsvertrag?
Der Abwicklungsvertrag unterscheidet sich von einem Aufhebungsvertrag dadurch, dass beim Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag selbst beendet wird. Dagegen beendet der Abwicklungsvertrag selbst nicht das Arbeitsverhältnis. Vielmehr wird im Rahmen dieser Vorgehensweise das Arbeitsverhältnis im Vorhinein durch die ausgesprochene Kündigung beendet. Durch den Abwicklungsvertrag werden lediglich die Bedingungen festgelegt, wie mit den Folgen der Kündigung umgegangen wird, d.h wie das Arbeitsverhältnis nach Erhalt der Kündigung abgewickelt wird.
Die Vorteile des Abwicklungsvertrages für Arbeitnehmer
In der Regel sollte aus Sicht eines Arbeitnehmers immer die Vorgehensweise mit Hilfe eines Abwicklungsvertrages gewählt werden. Denn der kleine, aber feine Unterschied zwischen einem Abwicklungsvertrag und einem Aufhebungsvertrag hat in der Praxis weitreichende Folgen:
Keine Sperrzeit
Bei einem Abwicklungsvertrag kann dem Arbeitnehmer in der Regel von der Bundesagentur für Arbeit (Arbeitsamt) nicht mehr der Vorwurf gemacht werden, dass er das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat, mit der Folge, dass das Arbeitsamt gegen den Arbeitnehmer eine zwölfwöchige Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 S. 2 SGB III verhängt. Hintergrund ist, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht „gelöst" hat, da vielmehr die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat. Mit Hilfe des Abwicklungsvertrages werden lediglich noch die Folgen der Kündigung vereinbart, so dass die in § 144 SGB III angedrohte Sperrzeit nicht angeordnet wird.
Einhaltung der Kündigungsfristen
Gleiches gilt für das in § 143 a Abs. 1 SGB III angeordnete Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigungen. Ist durch die arbeitgeberseitige Kündigung die Kündigungsfrist eingehalten worden, braucht der Arbeitnehmer ein Ruhen des Anspruchs nicht zu fürchten. Im Gegensatz zu der Vorgehensweise bei einem Aufhebungsvertrag spricht bei dem Ausspruch einer Kündigung mehr dafür, dass die vereinbarten (gesetzlichen) Kündigungsfristen eingehalten werden, insbesondere dann, sofern der Abwicklungsvertrag beispielsweise im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs protokolliert wird. Bei einem Aufhebungsvertrag werden die (gesetzlichen) Kündigungsfristen schon einmal „übersehen".
Kostendeckung der Rechtsschutzversicherung
Ein weitere Vorteil der Vorgehensweise mit Hilfe eines Abwicklungsvertrages besteht darin, dass Rechtschutzversicherungen – anders als bei Aufhebungsverträgen – problemlos Kostendeckungszusagen erteilen. Beim Aushandeln der Bedingungen mittels eines Aufhebungsvertrages dagegen macht die Rechtschutzversicherung – ähnlich wie das Arbeitsamt – dem Arbeitnehmer zum Vorwurf, dass gar kein Rechtsschutzversicherungsfall vorliege, da schließlich keine Kündigung ausgesprochen worden sei.
Bitte immer Abwicklungsvertrag
Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass die Vorgehensweise mittels Abwicklungsvertrag für den Arbeitnehmer besonders vorteilhaft ist, da er in der Regel keine Sanktionen des Arbeitsamtes bzw. der Rechtschutzversicherung fürchten muß.
Die Nachteile des Abwicklungsvertrages für Arbeitgeber
Für den Arbeitgeber kann die Vorgehensweise mittels Abwicklungsvertrag problematisch sein. Dies ist der wahre Grund, warum Arbeitgeber oftmals einen Aufhebungsvertrag und keinen Abwicklungsvertrag abschließen wollen.
Anhörung des Betriebsrates
Sofern im Betrieb des Arbeitgebers ein Betriebsrat besteht, muß er vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat anhören. Kündigungen, die ohne vorherige ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nach § 102 (Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ausgesprochen werden, sind per se unwirksam. Die Betriebsratsanhörung bedeutet für den Arbeitgeber neben der Mehrarbeit auch das Risiko, dass er den Betriebsrat an dem Kündigungsverfahren beteiligen muß, d.h. der Arbeitgeber muß sich „in die Karten schauen lassen". Dies wollen viele Arbeitgeber nicht.
Kein Überraschungseffekt
Darüber hinaus wird ein Abwicklungsvertrag immer zeitlich nach dem Ausspruch der Kündigung verhandelt. Der Arbeitgeber kann also nicht den Überraschungseffekt nutzen, den er sich oftmals bei einem Aufhebungsvertrag zu Nutzen macht. Zudem besteht das Risiko, dass der Arbeitnehmer von seinem anfänglich gegebenen Versprechen, den Abwicklungsvertrag zu unterzeichnen, zurücktritt und eine lange gerichtliche Auseinandersetzung droht.
Was ist beim Abwicklungsvertrag zu beachten?
Zu beachten ist überdies, dass mittels eines Abwicklungsvertrages nur dann vorgegangen werden darf, sofern der Abwicklungsvertrag nicht zur Umgehung des Aufhebungsvertrages eingesetzt wird. Im Falle der Klageerhebung und anschließender gerichtlicher Protokollierung wird hiervon in der Regel jedoch nicht ausgegangen, d.h. in aller Regel ist dann nicht mit einer Verhängung von Sperrzeittatbeständen durch das Arbeitsamt bzw. einer Versagung der Kostendeckungszusage durch die Rechtschutzversicherung zu rechnen.
Haben Sie Fragen?
Haben Sie einen Abwicklungsvertrag oder einen Aufhebungsvertrag vorgelegt bekommen? Dann nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf. Ich bin Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertrete Sie kompetent und erfahren.